Kann ich eine Testamentsverfügung ablehnen?
Ein Erbe muss nicht ausdrücklich angenommen werden. Erbe wird jeder von selbst, der aufgrund der gesetzlichen Erbfolge oder durch ein Testament als Erbe bestimmt wurde.
In beiden Fällen erfolgt eine Benachrichtigung vom Nachlassgericht. Sodann dürfen die vorläufigen Erben entscheiden, ob sie Rechtsnachfolger des Erblassers werden wollen. So manch einer mag sich wahrscheinlich denken: „Klar, nur her damit“, wird doch das Erben oft mit einem finanziellen Gewinn gleichgesetzt. Leider entspricht das nicht immer der Wahrheit. Vererbt werden nämlich nicht nur Geld- und Sachwerte, sondern auch Schulden, das heißt, eventuelle Verbindlichkeiten des Nachlasses gehen nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“ auch auf die Erben über. Es bleiben zwei Optionen: das Erbe insgesamt anzunehmen oder es auszuschlagen. Aber Achtung: Wer vorschnell reagiert, riskiert mit dem persönlichen Vermögen für Verbindlichkeiten des Nachlasses zu haften.
Deshalb sollte die Entscheidung, ob ein Erbe angenommen wird oder nicht, immer reiflich überlegt werden. Auf keinen Fall darf die Entscheidung aber aufgeschoben werden, denn viel Zeit haben potenzielle Erben nicht – genau genommen nur sechs Wochen ab dem Tag, an dem von der Erbschaft Kenntnis genommen wurde. Wer im Ausland lebt, erhält sechs Monate Bedenkzeit. „Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist; mit dem Ablauf der Frist gilt die Erbschaft als angenommen.“§ 1943 BGB
Das Erbe auszuschlagen ist per persönlicher Erklärung (weder Brief, Fax noch E-Mail werden akzeptiert) beim Nachlass- bzw. Amtsgericht oder durch Beurkundung vor einem Notar und Abgabe in öffentlich beglaubigter Form beim Gericht möglich.
Wie erfahre ich, ob das Erbe überschuldet ist?
Oft hat man schlicht und einfach keine Ahnung, ob der Nachlass etwas wert oder überschuldet ist. Es gilt zunächst eine detaillierte Bestandsaufnahme zu machen und sich einen Überblick über den aktuellen Vermögens- und Schuldenstand zu verschaffen. Welche Zahlungsverpflichtungen, z. B. offene Rechnungen von Handwerkern, Ärzten usw. bestehen noch, gibt es Lebensversicherungen oder offene Kredite, sind Steuerschulden bekannt. Von Vorteil ist, dass Hinterbliebene bis zur Annahme oder Ausschlagung eines Erbes als vorläufige Erbe gelten, denen Einsicht in die Nachlassakte sowie Konten- und Vermögenseinsicht zustehen.
Die Drei-Monatseinrede gilt wie eine Schonfrist nach Annahme der Erbschaft, um den Nachlass nochmals zu sichten und um zu entscheiden, ob die Nachlassverwaltung beantragt werden soll. Während dieser drei Monate ist es laut § 2014 BGB erlaubt, Zahlungen von Nachlassverbindlichkeiten zu verweigern.
Aufgebotsverfahren: Wer nur vermeiden will, mit Schulden konfrontiert zu werden, kann ein Aufgebotsverfahren einleiten, um die Nachlassverhältnisse zu klären. Hierbei werden alle Gläubiger dazu aufgefordert, ihre Ansprüche und Rechte beim Gericht anzumelden. Danach entscheidet der Erbe, ob er oder sie einen Antrag auf Nachlassverwaltung stellen, die Nachlassinsolvenz beantragen oder den Nachlass lieber selbst verwalten will. Ist die Nachlasssituation unklar oder komplex, ist ein Antrag auf Nachlassverwaltung sinnvoll. Dann kümmert sich ein vom Gericht bestellter Nachlassverwalter um die Abwicklung des Nachlasses. Dieses Vorgehen eignet sich auch dann, wenn befürchtet wird, eine überschuldete Erbschaft anzunehmen, denn die Haftung beschränkt sich damit auf die Erbmasse.
Dürftigkeitseinrede: Deckt der Nachlass nicht einmal die Kosten der Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz, kann die Haftung beschränkt werden, indem man sich bei Gläubigern auf die Dürftigkeit des Nachlasses beruft.
Hilfe, ich habe Schulden geerbt. Wie werde ich die wieder los?
Erben haften. Das bedeutet, selbst ein verschuldeter Nachlass geht auf die Erben über, sobald diese die Erbschaft angenommen hat. Zum Erbantritt bedarf es aber keiner aktiven Zusage, vielmehr gilt eine Erbschaft auch dann als angenommen, wenn verabsäumt wurde, es innerhalb der gesetzlichen Frist auszuschlagen.
Wurde die Ausschlagungsfrist versäumt und es stellt sich heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, so ist das noch kein Grund zu verzagen. Es bleibt immer noch die Möglichkeit, die Nachlassinsolvenz zu beantragen. Ist der Nachlass wertig genug, um die Kosten des Nachlassinsolvenzverfahrens zu decken, wird er von Nachlassinsolvenzverwalter abgewickelt. Die Haftung beschränkt sich sodann lediglich auf den Nachlass und Gläubiger haben keinen Zugriff auf das Privatvermögen der Erben. Achtung: Für eine verspätet beantragte Nachlassinsolvenz können Erben haftbar gemacht werden, denn Gläubiger dürfen für Schäden durch Verzögerungen Schadensersatzansprüche geltend machen. Nicht nur deshalb ist es wichtig, die gesetzlichen Vorschriften genau zu kennen.
Hilfe, die Erbausschlagung war ein Fehler. Wie kann ich das Erbe doch noch antreten?
Wer aufgrund einer Fehleinschätzung vorschnell gehandelt und das Erbe ausgeschlagen hat, kann unter Umständen die Erbschaft doch noch antreten, indem er oder sie die Erbausschlagung vor Gericht anfechtet.
Wichtig: Vage Vermutungen und Spekulationen über die Wertigkeit des Nachlasses sind kein Grund, ein ausgeschlagenes Erbe anzufechten. 2018 entschied ein Gericht, dass keine Anfechtung der Erbausschlagung möglich ist, wenn die Ausschlagung allein aufgrund einer vermuteten Überschuldung des Nachlasses getätigt wurde.