Über den Tod sprechen

Tod und Trauer mit Freunden und Familie bewältigen

Es kommt normalerweise nicht naturgemäß vor, dass wir uns im Familien- und Freundesverband gerne mit dunklen Themen wie Tod und Trauer auseinandersetzen. Meistens bedarf es dazu einem Anlass. Wenn dann ein Todesfall oder eine Erkrankung im engsten Umfeld auftritt, dann sind viele Menschen überfordert und wissen nicht wohin mit ihren Ängsten und Sorgen. Innerhalb von Familien betrifft ein Todesfall immer alle und das auf ganz unterschiedlichen Weisen. Für den einen verstirbt der Vater, für den anderen der Sohn, für wieder andere der Ehepartner.

Jeder innerhalb der Familie ist vom Verlust betroffen, allerdings wird sich dieser im Alltag in ganz unterschiedlichen Bereichen zeigen.

Trauer ist Emotion

Wir neigen dazu Emotionen wie Liebe, Freude und Lust als positiv zu bewerten und Zorn, Wut und Trauer als eine unangenehme Erfahrung anzusehen. Beides gehört aber zusammen. Die hellen und auch die dunklen Dinge. Barbara Till von „The Funeralist“, einem Bestattungsunternehmen in Berlin, begleitet Familien vor, während und nach dem Versterben des Angehörigen. Sie kennt die Probleme in den Familien gut und stärkt Trauernde darin, auch für traurige Gedanken und negative Gefühlen dankbar zu sein und diese zu schätzen: „Nichts steht für sich allein. Kein Ich ohne Du. Kein Leben ohne Tod. Alles ist miteinander verbunden und einander ausgeliefert. Immer. So ist jede Handlung im Außen auch eine im Inneren. Jede Handlung an dem anderen eine Handlung an mir selbst. Jede Handlung im Kleinen auch eine im Großen – und umgekehrt. Das zu verstehen befreit zum Leben und navigiert uns zu den wirklich bedeutsamen Dingen.“ 

Trauer hat ihre Berechtigung. Sie ist die Antwort auf ein einschneidendes Erlebnis. Sie hilft uns dabei, mit einer neuen Lebensrealität umzugehen. Für viele Menschen ist die Bewältigung des Alltags eine der größten Herausforderung in Zeiten der Trauer. Alltägliche Dinge scheinen profan und unwichtig zu sein. Das fängt mit dem Gang zum Friseur an und geht über berufliche Dinge bis hin zum Erledigen von Pflichten im Haushalt. Alles scheint sinnlos geworden zu sein.

Mit Freunden und Familie über die eigene Trauer sprechen

Wichtig ist es, zunächst die eigene Trauer auch als Trauer zu erkennen. Oft bemerkt man erst nur einige Veränderungen im eigenen Empfinden und bringt diese vielleicht gar nicht mit dem Verlust zusammen. Vor allem wenn diese emotionalen Veränderungen zeitversetzt auftreten.

In der Familie gilt es, zunächst das gemeinsam Erlebte zu verarbeiten. Die Zeit des Sterbens oder auch der Schock, sofern es sich um einen plötzlichen Tod handelt, haben den Alltag und das Zusammenleben erschüttert und der Tod bzw. der Verstorbene stand und steht im Mittelpunkt aller Leben. Aber das Leben geht weiter. Die Kinder müssen weiter zur Schule, irgendwann beginnt auch wieder der berufliche Alltag und eine gewisse Normalität setzt ein. Trauer bahnt sich immer ihren Weg und kann in den verrücktesten Momenten auftreten. Diese ganz persönlichen Erfahrungen können verbinden. Auch gemeinsame Abschiedsrituale können dabei helfen über das Erlebte und über die eigene Traurigkeit ins Gespräch zu kommen.

Zeit und Raum auch für traurige Momente schaffen

Innerhalb der Familie müssen geschützte Räume geschaffen werden, in denen jeder seine eigene Trauer auch leben kann. In der Öffentlichkeit zu trauern, fällt vielen Menschen schwer. Vor anderen Menschen zu trauern ebenfalls. Gemeinsame Momente zu schaffen, in denen das ganz bewusst möglich ist und in der jeder seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann, sind wertvolle Momente in der Trauerarbeit.

Trauerkultur in der Familie aktiv gestalten

Um die Trauerphasen innerhalb der Familie aktiv zu verbinden, kann man kreativ werden. Symbole können dabei ein ganz wichtiger Faktor und eine große Hilfestellung sein.

Gertrud Ennulat, Pädagogin und Autorin sagt: „Trauerkultur in der Familie gibt Raum für Symbole wie beispielsweise den Engel, der Gegensätze überwindet. Engel sind Lichtwesen, die von der verwandelten Seinsweise des Verstorbenen künden, aber auch Boten, welche die transzendente Welt mit unserer Welt verbinden. Oft malen Kinder in Zeiten, wo sie eine Verlusterfahrung verarbeiten, einen Regenbogen. In alten Mythen stellt der Weg über die Regenbogenbrücke den Übergang ins Reich der Toten dar. Wenn nach einem Regenguss die Sonne wieder scheint, entsteht am Himmel ein Regenbogen, zart, berührend und bestaunenswert. Seine Farben faszinieren in ihrer Schönheit. Taucht er am Himmel auf, kann sich niemand seinem Anblick entziehen. Und das in Bildern von trauernden Kindern oft auftauchende Symbol des Schmetterlings verweist auf die Schönheit und Leichtigkeit der neuen Existenz des Toten. Die Art und Weise wie ein Schmetterling entsteht, nennen wir eine Metamorphose. Dieses Bild wird oft gebraucht, um seelische Entwicklungsprozesse auszudrücken, denn auch dort gibt es Phasen der Ruhe, welche dem Vorgang der Verpuppung gleichen. Oft suchen Raupen Schlupfwinkel aus, um geschützt zu sein, und während des Puppenstadiums, das nur scheinbar ein Ruhestadium ist, finden gravierende Schritte für die Metamorphose zum Falter statt. Das Ergebnis ist der Schmetterling, leicht und zart wie ein Hauch. Alle diese Bilder sind Versuche, das Geheimnis des Todes und der Verwandlung auszudrücken. Sie helfen dabei, den Tod ins Leben zu integrieren und bewahren zugleich sein Geheimnis; es bleibt in der Schwebe.“

Reden und Schweigen

Die persönliche Trauer ist individuell, so dass man einen Großteil davon mit sich selbst ausmachen muss und oft auch ausmachen möchte. So wertvoll lange Gespräche, das Erinnern und Mut machen auch sein mögen, manchmal hilft es, einfach nur zu schweigen und vor allem auch schweigen zu dürfen. Wenn ein trauernder Mensch sich zurückzieht, bedeutet das nicht, dass er seine Freunde und Familie nicht braucht oder sie nicht um sich haben möchte. Es ist ein ganz natürliches Verhalten, sich selbst Zeit und Raum zu nehmen, um trauern zu können. In diesen Fällen ist es wichtig, dass dem trauernden Verständnis signalisiert wird und er ohne jeglichen Druck in seinem eigenen Tempo trauern darf.

Eine Trauerphase innerhalb einer Familie zu bewältigen, ist keine leichte Aufgabe. Aber es ist eine Lebensphase, die mit allen anderen Phasen eines gemein hat. Auch sie geht vorbei.